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Interview über den Fachverband Matratzen-Industrie

Im Folgenden finden Sie ein Interview mit Herrn Dr. Leifeld, Geschäftsführer des Fachverband Matratzen-Industrie e.V. Diese Fragen wurden von matratzen-news.de an Herrn Dr. Leifeld gestellt:

Was kann man sich unter dem Fachverband Matratzen-Industrie e.V. vorstellen?

Der Fachverband Matratzen-Industrie e.V. ist ein gemeinnütziger Verein. Er vertritt die Interessen industrieller Hersteller von Matratzen und Unterfederungen sowie der Zulieferer-Industrie. Mitglieder, Vorstand und Geschäftsführung engagieren sich persönlich, um den Fachverband stetig weiter als wichtige Kommunikationsplattform deutscher Matratzenhersteller zu etablieren. Zu unseren Aufgaben gehört es z.B., technische, wirtschaftliche und politische Entwicklungen zu beobachten und zu bewerten, die für unsere Mitglieder von Bedeutung sind. Dies umfasst auch, dass wir als Serviceleistung für unsere Mitglieder auf der Basis der von ihnen gemeldeten Daten quartalsweise Analysen des deutschen Matratzenmarktes vornehmen. Darüber hinaus fördern wir Kontakte zu anderen Industrieverbänden, Vorlieferanten, Handel, Verbrauchern und deren Organisationen. Zudem pflegen wir einen intensiven Erfahrungsaustausch unter den Mitgliedern in allen Belangen. Derzeit sind in unserem Verband 16 Hersteller von Matratzen und Bettsystemen als Vollmitglieder und elf Unternehmen aus der Zuliefer-Industrie als assoziierte Mitglieder organisiert. Sie decken rund 65 Prozent des deutschen Marktes ab und sind darüber hinaus in vielen Exportländern tätig.

Unser zentrales Interesse sind zufriedene Verbraucher. Deswegen arbeiten in unserem Verband namhafte und renommierte Unternehmen gemeinsam daran, jenseits der eigenen Firmenpolitik eine breite Öffentlichkeit für die große Bedeutung richtigen Liegens und guten Schlafens als Teil einer gesundheitsbewussten Lebensweise zu schaffen.

Wichtig ist mir, dass wir nicht über die Vorzüge einzelner Produkte informieren und auch keine Matratzen verkaufen und vertreiben, sondern Verbraucher aufklären, indem wir ausgewogene und neutrale Informationen anbieten.

Was waren die wichtigsten Ereignisse und Erfolge des Fachverbandes?

Mit unserem Einsatz für eine attraktive Halle 9 „sleep“ auf der Internationalen Möbelmesse in Köln ist es uns über die letzten zehn Jahre hinweg gelungen, an der Etablierung eines starken Auftritts der gesamten Branche mitzuwirken, der international Beachtung findet.

Auf unserer jährlichen Mitgliederversammlung, auf der meet@sleep Messeparty und bei anderen Veranstaltungen bieten wir unseren Mitgliedern und der gesamten Branche Möglichkeiten zum gegenseitigen Austausch.

Sowohl bei der Fachpresse als auch bei verbraucherorientierten Medien sind wir mittlerweile als der Wirtschaftsverband für die Matratzen-Industrie anerkannt, der jenseits von unternehmerischen Interessen seiner Mitglieder Auskunft zu allen wichtigen Fragen unserer Branche gibt, neutral informiert und sich für mehr Qualität im Markt einsetzt.

Wie wird man Mitglied in Ihrem Fachverband und welche Voraussetzungen muss man dafür erfüllen?

Um Mitglied in unserem Verband zu werden, muss man entweder zur Matratzen-Industrie oder zu deren Zulieferern gehören. Natürlich sind die meisten Mitglieder unseres Verbands deutsche Unternehmen, nach dem Wegfall der wirtschaftspolitischen Grenzen sind wir aber auch offen für Unternehmen aus den Mitgliedsstaaten der Europäischen Gemeinschaft. Von unseren Mitgliedern erhoffen wir uns, dass sie sich als Entscheidungsträger zu wichtigen Verbandsthemen einbringen und engagieren, denn nur so bleiben wir als Verband handlungsfähig und können im Sinne unserer Mitglieder etwas bewegen.

Ein Unternehmen, das sich entscheidet, unserem Verband beizutreten, braucht einfach nur einen formlosen Antrag zu stellen, über den unser Vorstand entscheidet.

Was hat sich die letzten Jahre bei den Matratzenarten und bei der Herstellung geändert?

Das Angebot an Matratzenarten hat sich stetig weiter ausdifferenziert. Zu den bekanntesten Arten aus PU-Schaum, Stahlfedern und Latex sind zahlreiche Kombinationen hinzugekommen, z.B. aus Kaltschaum und viskoelastischem Schaum, Kaltschaum und gelartigen Materialien oder einer Verbindung von Schaum- und Federkern.

Ziel ist es dabei immer, hochwertige Matratzenkerne zu entwickeln, in denen sich die besten Eigenschaften der verschiedenen Materialkomponenten zu einer Schlafunterlage vereinen, die möglichst perfekt die Bedürfnisse des jeweiligen Schlafenden erfüllt.

Bei der Tendenz, immer mehr unterschiedliche Materialien in einer Matratze miteinander zu kombinieren, liegt mir am Herzen, auch das Ende der Nutzungsdauer mitzubedenken. Je mehr Materialien wir in einer Matratze fest miteinander verbinden, umso schwieriger wird es, diese später wieder zu trennen und einer möglichst hochwertigen Verwertung zuzuführen. Gerade diese hochwertige Verwertung wird aber in den nächsten Jahren im Sinne einer ressourcenschonenden Kreislaufwirtschaft immer mehr an Bedeutung gewinnen.

Auch bei den Textilien für Matratzenbezüge hat sich in den letzten Jahren viel getan. Der relativ steife Drell, den viele noch von früher kennen und der meist nicht einmal mittels Reißverschluss von der Matratze abgenommen und gereinigt werden konnte, ist kaum noch als Bezug zu finden. Stattdessen überwiegen heute Bezüge aus elastischer Maschenware mit einer Vielzahl von zusätzlichen Eigenschaften, die dem Komfort von Matratzen zuträglich sind. Dreidimensionale Abstandsgestricke verfügen beispielsweise über wesentlich mehr Volumen und damit über eine zusätzliche Polsterwirkung, die den Liegekomfort erhöht. Diese Gestricke ermöglichen optimalen Feuchtigkeitstransport für ein angenehm trockenes und gesundes Schlafklima.

Zu den Entwicklungen der letzten Zeit gehört natürlich auch der Boxspringbetten-Trend, der nun schon mehrere Jahre andauert. Ich denke, dass Boxspringbetten dem Bedürfnis des Verbrauchers Rechnung tragen, Liegekomfort mit hohen ästhetischen Ansprüchen zu verbinden. Für mich kommt dadurch die Ästhetisierung des Schlafzimmers zum Ausdruck – eine Entwicklung, die auf der einen Seite natürlich sehr erfreulich ist, weil sie die Bedeutung des Schlafs insgesamt aufwertet. Auf der anderen Seite möchte ich aber davor warnen, das Aussehen des Bettes über die Liegeeigenschaften zu stellen. Das Wichtigste am Bett und der Matratze ist und bleibt, dass man darauf gut und gesund liegt und das sollte beim Kauf immer im Vordergrund stehen.

Was raten Sie Käufern von Matratzen?

Zuerst möchte ich betonen, dass es nicht „die richtige Matratze“, sondern die zu Ihnen passende Matratze gibt.

Bedenken Sie, dass Matratzen, die gleich aussehen, nicht immer gleichwertig sind. Unterschiede bestehen bei den verwendeten Materialien und in den Herstellungsverfahren. Lassen sie sich vom Fachverkäufer hierüber aufklären! Eine fachkundige Beratung ist ihr Geld wert. Neben der qualifizierten Beratung besteht im Fachhandel auch immer die Möglichkeit, verschiedene Matratzen-Arten in Ruhe auszuprobieren und zu vergleichen. Achten Sie darauf, dass der Schlafberater Sie zu Ihrem Schlafverhalten und individuellen Bedürfnissen befragt und gemeinsam mit Ihnen aus der vorhandenen Auswahl eine zu Ihnen passende Matratze ermittelt.

Lassen Sie sich viel Zeit beim Probeliegen! Achten Sie auf Ihr persönliches Empfinden und probieren Sie mehrere Alternativen aus! Lassen Sie beim Probeliegen vom Verkäufer kontrollieren, ob Ihre Wirbelsäule von der Matratze optimal gestützt wird.

Bedenken Sie, dass eine ordentliche Matratze – abhängig von den verarbeiteten Materialien – ihren Preis hat. Seien Sie deshalb vorsichtig bei Schnäppchen, die keine sind, denn einfachste Matratzen sind zuweilen nicht einmal den ausgewiesenen Billigpreis wert. Machen Sie sich klar, welche Bedürfnisse Sie haben und welches Geld Sie für entsprechenden Komfort zu zahlen bereit und in der Lage sind.

Fragen Sie nach Qualitätsprodukten aus Deutschland oder Westeuropa.

Ich rate auch zur Vorsicht bei Garantiezeiten von über fünf Jahren. Händler, die mit unseriösen Garantiezeiten von zehn, fünfzehn oder mehr Jahren werben, geben ein Produktversprechen, das keine Matratze halten kann (Lebensdauer sieben bis zehn Jahre).

Im Idealfall sollten Sie Ihre Matratze als Bettsystem zusammen mit der passenden Unterfederung kaufen. Wenn dies nicht möglich ist, stellen Sie sicher, dass Matratze und Unterfederung dennoch zusammen passen.

Bei einem Doppelbett sollte man sich immer für zwei Einzelmatratzen entscheiden, die individuell zur jeweiligen Person passen.

Wählen Sie in jedem Fall eine Matratze, die während der Nacht Feuchtigkeit gut aufnehmen und am Tag wieder in die Raumluft abgeben kann. Ebenfalls empfehle ich aus hygienischen dringend, auf einen abnehmbaren und waschbaren Bezug Wert zu legen.

Falls Sie darüber nachdenken, eine Matratze auf einer Verkaufsveranstaltung, einer Kaffeefahrt oder an der Haustür zu kaufen, hinterfragen Sie, ob die angebotene Qualität wirklich Ihren Vorstellungen entspricht und prüfen Sie, wer im Falle von Reklamationen nach dem Kauf greifbar ist. Wenn Sie eine hochwertige Matratze kaufen möchten, finden Sie diese nebst guter Beratung (und Vergleichsmöglichkeiten) am besten im Fachhandel.

Was sollte beim Onlineshopping von Matratzen beachtet werden?

Der  Verbraucher sollte sich beim Matratzenkauf per Internet oder Versandhandel bewusst sein, dass er sich selbst der Möglichkeit beraubt, unterschiedliche Matratzenarten, Härtegrade und Preisklassen durch Probeliegen miteinander zu vergleichen und sich einen eigenen Eindruck von den Liegeeigenschaften zu verschaffen.

Zurzeit erleben vor allem neue Online-Shops einen regelrechten Boom, die unter dem Motto „one-fits-all“ nur ein einziges Matratzenmodell anbieten, das für jeden Menschen geeignet sein soll. Eine perfekte Matratze, die sich jedem Schläfer optimal anpasst und die man noch dazu bis zu 100 Tage lang zuhause testen kann, mag zunächst sehr verlockend klingen. Wenn man genauer hinschaut, ist allerdings zu hinterfragen, ob ein solches Versprechen überhaupt realistisch sein kann. Denn bei einem Schuh, Kleid oder Anzug suchen wir ja auch nicht nach einem Produkt, das allen passt, sondern im Gegenteil nach einem Modell, das optimal und möglichst individuell zu uns selbst passt.

Das ist bei Matratzen nicht anders. Um das zu erklären, möchte ich ganz kurz darauf eingehen, was eine gute Matratze leisten muss: In der Nacht, wenn wir schlafen, erschlaffen unsere Muskeln und können unsere Wirbelsäule nicht mehr stützen. Diese Funktion muss die Matratze übernehmen, um dafür zu sorgen, dass die Wirbelsäule in ihrer natürlichen Position gelagert wird. Nur dann können sich die Bandscheiben in der Nacht optimal regenerieren und wir wachen morgens erholt und ohne Verspannungen auf. In ihrer natürlichen Position wird die Wirbelsäule dann gelagert, wenn z.B. in Seitenlage die Schultern und die schwere Körpermitte tiefer in die Matratze einsinken als der Kopf und die Taille. Außerdem sollte die Matratze nicht zu fest sein, um die Durchblutung nicht zu behindern, was jeder kennt, der schon mal unbequem gelegen hat und mit einem „eingeschlafenen“ Arm aufgewacht ist. Die Matratze muss also eine regelrechte Gratwanderung vollbringen, indem sie fest genug ist, um die Wirbelsäule in ihrer natürlichen Position zu stützen und weich genug, um Druckstellen und Durchblutungsstörungen zu verhindern. Es ist leicht nachvollziehbar, dass eine Matratze u.a. zum individuellen Körperbau und Gewicht des betreffenden Menschen passen muss, um diese wichtigen Funktionen zu erfüllen. Besondere Schlafbedürfnisse oder gesundheitliche Beschwerden sind dabei noch gar nicht berücksichtigt. Wenn man sich dies alles klar macht, erscheint es gar nicht mehr so erstrebenswert, nach einem „one-fits-all“-Produkt zu suchen, sondern nach einer perfekt auf den einzelnen Menschen abgestimmten Matratze, die individuell ergonomisch richtiges Liegen gewährleistet. Aus diesem Grund bieten klassische Matratzenhersteller und -händler unterschiedliche Modelle in verschiedenen Härtegraden an.

Die meisten der neuen Start-Up-Unternehmen mit einer „one-fits-all“-Matratze werben damit, dass sie ihre Matratzen wesentlich günstiger anbieten können als der stationäre Handel vor Ort, weil sie online direkt vom Hersteller vertrieben werden. Verbraucher sollten sich bewusst machen, dass sie dadurch auf der einen Seite zwar möglicherweise Kosten für den stationären Handel einsparen, gleichzeitig aber auch auf das wichtige Probeliegen, den Vergleich unterschiedlicher Modelle und eine fachkundige Beratung verzichten.

Nun könnte man denken, das Probeliegen im Geschäft ist gar nicht mehr notwendig, weil viele der neuen Unternehmen eine garantierte Rücknahme bis zu 100 Tage nach dem Kauf und sogar 10 Jahre Garantie anbieten. Tatsächlich aber ändert dies nichts an der Tatsache, dass es keine Möglichkeit gibt, die Liegeeigenschaften der einen gelieferten Matratze mit denen anderer Modelle zu vergleichen und sich selbst ein Bild davon zu machen, auf welcher Matratze der eigene Körper am besten gestützt und zugleich entlastet wird.

Deshalb wäre es gerade beim Matratzenkauf im Internet oder Versandhandel wichtig, zumindest unterschiedliche Härtegrade als Anhaltspunkt zu haben, um eine individuell passende Matratze auswählen zu können. Bei dem Geschäftsmodell „one-fits-all“ können Verbraucher dagegen nur darauf hoffen, dass sie in eine gewisse „Zielgruppen-Schnittmenge“ hineinpassen, die mit den Liegeeigenschaften einer Durchschnittsmatratze ordentlich bedient sind.

Wie positiv sehen Sie die Entwicklung des Matratzenhandels?

Da wir lediglich ein Industrieverband sind, haben wir keine konkreten Interessen, was die Struktur des Handels betrifft. Wichtig ist uns allerdings, dass der Verbraucher im Handel eine Orientierung und qualifizierte Beratung bekommt, die sich nach seinen Bedürfnissen richtet.

Die Zuwächse beim Online-Verkauf von Matratzen sind natürlich für den stationären Handel vor Ort eine Herausforderung, der er sich stellen muss. Schon jetzt zeigt sich, dass auch der stationäre Handel immer mehr auf das Bedürfnis seiner Kunden eingeht, sich z.B. online zu informieren und Verfügbarkeiten zu prüfen. Dies halte ich für einen guten Ansatz, denn grundsätzlich bin ich von der Berechtigung des stationären Fachhandels überzeugt, der mit qualifizierter Beratung und einem vielfältigen Angebot für den Verbraucher punktet. Nur im Handel können unterschiedliche Produkte vor Ort ausprobiert und miteinander verglichen werden.

Gleichzeitig will ich nicht leugnen, dass es gerade bei der Beratung nach wie vor Verbesserungspotenzial gibt. Mit gut geschultem Personal kann der Fachhandel das Vertrauen seiner Kunden gewinnen und binden, denn nur wer gut beraten wurde und auf seiner Matratze gut schläft, empfiehlt weiter und kommt wieder.

Wie sieht Ihrer Meinung nach die Matratze in 20 Jahren aus?

Ich wünsche mir, dass uns die Matratze der Zukunft nach wie vor beste Möglichkeiten bietet, zwischen unterschiedlichen Liegeeigenschaften, Materialien und Qualitäten zu wählen und so jeweils die Matratze zu finden, die optimal zu uns als Individuen passt.

Gleichzeitig werden wir in 20 Jahren erleben, dass bei der Herstellung von Matratzen großer Wert auf Ökodesign gelegt werden wird, also auf ressourcenschonende Herstellungsverfahren und Materialien, die am Ende ihres Lebenszyklus hochwertig verwertbar sind. Der Verbraucher wird die Möglichkeit haben, diese Aspekte als ökologischen Fußabdruck von Matratzen in seine Kaufentscheidung mit einzubeziehen.

Vielleicht steigt auch in den nächsten 20 Jahren das Bewusstsein dafür, dass Gesundheit und Wohlbefinden am Tag entscheidend davon abhängen, wie der Körper in der Nacht regeneriert. Insofern würde ich mich freuen, wenn der Matratze der Zukunft ein wichtiger Stellenwert zukommt und sie nicht über den Preis „verramscht“ wird, sondern mit großer Transparenz über die Qualität, die sie bietet.


An dieser Stelle möchte ich Herrn Dr. Leifeld nochmals für die ehrlichen Antworten und die Möglichkeit des Interviews danken.

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